In dieser Vorlesung widme ich mich der Frage warum einige Strömungen des serbischen linken Aktivismus – der sich schwer von dem nationalistischen Schlag der 1990er Jahre erholt – geschlechtsspezifische Unterschiede auf so starre Weise markieren, dass „was sozial peripher ist“ symbolisch zentral wird (Hall, 1997) bis hin zu Ausgrenzung, Diskriminierung und verbaler Gewalt. Während ich mich empirisch auf die Polemik rund um das Aktivistenkollektiv Marks21 konzentriere, dessen prominenteste männliche Mitglieder sich besonders lautstark über die angeblichen Risiken der Trans(frauen)emanzipation für die prekären Errungenschaften der linken und feministischen Bewegungen äußern, stelle ich dieser aktivistischen Gruppe eine ältere jugoslawische marxistische Initiative, nämlich Praxis, die sich ihrer feministischen Bilanz kaum rühmen kann. Innerhalb eines solchen analytischen Rahmens argumentiere ich, dass das Potenzial der „Trans-Frage“, die bereits winzige linke Seite des politischen Spektrums zu spalten, die langfristigen konservativen und neokolonialen Dimensionen der jugoslawisch-serbischen Linken widerspiegelt.
Bojan Bilić ist Psychologe und politischer Soziologe und forscht zu LGBTQ Aktivismus, LGBTQ Psychotherapie und der Anthropologie der Nicht-Heterosexualität und der Geschlechtervarianz im postjugoslawischen Raum.